Nach einer Nacht im Fichtelgebirge schaffen wir es mal wieder nicht, früh loszukommen. Suse braucht morgens zu allererst ihren Kaffee und ausserdem auch noch einige Zeit, um ausreichend wach zu werden und weiterzufahren. Wir stehen auf einer Lichtung am Waldrand. Der Feldweg hierher war zwar nicht gesperrt, aber die wenigsten Bauern und Förster freuen sich über ungebetene Campinggäste die mit ihren Moppeds durch den Wald fahren und dann womöglich auch noch ein Lagerfeuer entzünden. Noch im Zelt liegend höre ich erst Traktor-Geräusche und dann Kettensägen, aber unser Standort ist gut gewählt und wir bleiben unentdeckt. Noch verbirgt sich unsere Lichtung im Morgennebel, aber erste Sonnenstrahlen kündigen einen schönen Tag an. Während Suse Ihre morgendliche Zigarette frühstückt hat das Zelt Zeit trocken zu werden und ich versuche den Morgennebel und den Tau der Nacht fotografisch festzuhalten. Freundlich grüßend kommen wir auch ungehindert an den Waldarbeitern vorbei, die exakt an der Stelle stehen, die ich am Vorabend zuerst zum campieren in Auge gefasst hatte. Meine ewige Sucherei nach dem perfekten Platz zahlt sich halt doch immer wieder aus.
Unser Ziel, Gieboldehausen ist auf direktem Weg nur noch 250 Kilometer entfernt. Da wir aber noch zwei Tage Zeit haben, steuern wir bei herrlichstem Sonnenschein erst einmal den Thüringer Wald an. Auf den hier angeblich reichlich vorhandenen, Motorradstrecken brauchen wir sicher ein wenig länger.
Wie gut uns da gelingen soll merken wir schnell. Die Motorradkarte des Thüringer Waldes, die wir in weiser Vorraussicht bereits im Vorfeld des Urlaubs erstanden haben verspricht uns zahlreiche Routenvarianten. Bei unserer Frühstückspause an einer Brotzeitbank am Straßenrand übertrage ich eine Kombination der Strecken in mein GPS. Bald stellen wir aber fest, dass und weder GPS noch Karte hier wirklich weiterhelfen können. Jede 3. Straße ist gesperrt. Scheinbar müssen hier alle noch bewilligten Mittel mit Gewalt und gleichzeitig, unbedingt noch vor dem Winter verbaut werden. Da es uns aber andrerseits sowieso völlig egal ist, auf welchen Sträßchen wir unterwegs sind, versuchen wir einfach nur irgendwie in der richtige Richtung zu bleiben. Die kurvigen Straßen, die vielen Umleitungen, die aufwändige Navigation, unsere morgendliche Langsamkeit und unsere gemütliche Fahrweise führen dazu, dass wir einen ganzen Fahrtag brauchen um den Thüringer Wäld von Ost nach West zu durchqueren. Ganz verlassen wollen wir ihn aber dann doch noch nicht und so machen wir uns bereits am Nachmittag wieder auf die Schlafplatz-Suche. Ein erster Platz ist schnell gefunden, aber die frisch gefällten Bäume auf der sonnigen Wiese lassen für den nächsten Morgen bösen Lärm befürchten und hier, direkt neben dem Wanderparkplatz ist ausserdem alles so verschissen und voll Klopapier, dass wir lieber weiter suchen. Etwas weiter den Feldweg entlang werden wir dann auch fündig. Eine kleine Wander-Schutzhütte lädt uns direkt ein und die Feuerstelle dahinter überzeugt uns komplett.
Da es für unser Zelt hier ohnehin keinen Platz gibt legen wir die Isomatten kurzerhand in der Hütte aus und ein vorbeikommender Spaziergänger empfiehlt uns, anstatt zu meckern was wir hier zu suchen hätten, noch das frische Wasser aus einer nahegelegenen Quelle.
Eisenach bildet am nächsten Tag dann den krönenden Abschluss. Hier gibt es keine Alternative. Nur eine schlecht geplante Umleitung blockiert hier den kompletten Verkehr. Alles drängt sich an einer Serie von Ampeln. Wir müssen links abbiegen und je Grünphase schafft es nur ein Fahrzeug aus der langen Kolonne abzubiegen. Auf den Motorrädern ist es in der Sonne unerträglich heiss. Suses Motor kämpft schon mit Hitzeproblemen und geht immer wieder aus. Auch mit unseren Motorrädern ist kaum ein Durchkommen. Irgendwann halte ich es nichtmehr aus und kämpfe mich mit Gewalt nach vorne. Suse hat keine Chance mir zu folgen. Allzu weit komme ich auch nicht. An dem Polizeiauto traue ich mich dann doch nicht vorbei. Im ersten Schatten reisse ich mir den Helm vom Kopf und warte halbnackt noch eine halbe Ewigkeit bis auch Suse dem Chaos entronnen ist. Für nicht ganz eineinhalb Kilometer 15 Minuten können gehörig an den Nerven zehren. Wie sehr merke ich keine drei Kilometer später als am Ortsausgang ein dunkler Audi von hinten angerast kommt und ohne Rücksicht auf Verluste trotz Gegenverkehr überholen muss und mich beim Einscheren nur nicht erwischt, weil ich ihn noch rechtzeitig aus dem Augenwinkel bemerke.
Oh man da hast du aber noch richtig Glück gehabt mit dem Raser. Das hätte auch ganz anderes ausgehen können. Leider gibt es immer wieder solche Idioten die der Meinung sind ihnen gehört die Straße.