Jul 292018
 

Wie immer brauchen wir morgens ewig bis wir los kommen, aber an so schönen Zeltplätzen gibt es schlimmeres. Eine Pferdeherde zieht vorbei und so nach und nach trauen sich überall um uns herum die Erdhörnchen aus ihren Löchern. Die vorbeireitenden Hirten interessieren sich auch nicht für uns und so genießen wir die noch angenehme Morgensonne, die hinter den Bergen hervor kommt und kochen uns auf dem schnell wieder entfachten Lagerfeuer unseren Frühstückskaffee.

Als wir über kaum erkennbare Trampelpfade irgendwann wieder zur Haupt-Piste zurückgefunden haben, ist es auch schon wieder richtig heiß, aber wir wollen ja noch einen Geocache bei der Höhle des Gelben Hundes suchen und auch der nahe gelegenen Eishöhle einen kurzen Besuch abstatten um uns abzukühlen.
Den Tsagan Nuur wollen wir auf Empfehlung von #thomastravelsaround nördlich umrunden.  Vorbei an etlichen Gercamps wird es immer ruhiger und auch immer noch heißer. Der Feldweg ist nicht so besonders gut zu fahren. Ich kann das Holpern mit Geschwindigkeit etwas mindern, aber Suse ist weit hinter mir und so langsam, dass sie kaum kühlenden Fahrtwind abbekommt. Nach gerade mal 20 km ist sie fix und fertig und wir legen am Seeufer eine kleine Mittagspause ein. Außer altem Brot haben wir nicht mehr viel und es ist so ganz ohne Schatten unangenehm warm, aber eine Pause muss sein. Der See ist zum Baden zu kalt, abgesehen davon ist das Ufer von Tierherden flächendeckend verschissen und schlammig und zahlreiche lästige Fliegen vergraulen uns bald wieder. Eigentlich wollten wir schon viel weiter sein, aber die Piste wird nicht wirklich besser. An einer kleinen „Passhöhe“ hebt es Suse dann aus den Socken. Praktischerweise sind gerade zwei mongolische Mopedfahrer zur Stelle, die sie sofort wieder aufheben. Keine Ahnung, wie sie es durch diese plötzlichen Krater überhaupt so weit geschafft hat – eigentlich hätte sie die letzten 3 Meter ja dann auch noch selber fahren können…

Zu allem Überfluss zieht jetzt vor uns auch noch ein Unwetter auf und wir haben gerade  mal die Hälfte der 50km bis zur nächsten Straße hinter uns gebracht. An eine Pause ist nicht mehr zu denken, erstens wollen wir vor dem Regen durch die dann vermutlich schlammig werdende Ebene kommen, zum anderen stürzen sich plötzlich Wolken hungriger Mücken und Fliegen auf uns, aber hin und wieder muss ich trotzdem anhalten und auf Suse warten.
Als das Gewitter über uns hereinbricht ist natürlich auch weit und breit keine einzige Jurte zu sehen, bei der wir uns vielleicht kurz unterstellen können und so heißt es Zähne zusammenbeißen und weiter. Immerhin werden die Pisten nicht all zu rutschig und so erreichen wir nach fast einem halben Tag, zur Abwechslung nicht mehr schwitzend, sondern durchgefroren, wieder die Straße. Knapp zwei Stunden später finden wir auch in einem Seitental am Waldrand einen Platz für die Nacht. Zwar mit aufdringlichen Fliegen, aber immerhin beißen sie nicht.

Am nächsten Morgen zum Frühstück dann erstmal Besuch. Zuerst ein Mopedfahrer mit seiner Tochter, die vermutlich auf dem Weg zur Schule mal nach dem Rechten schaun, dann noch ein Reiter, der dabei ist, ein störrisches Yak einzufangen. Anbieten können wir außer ein paar Keksen nichts und höflich bricht sich jeder ein kleines Eck ab. Das eigentliche Interesse gilt aber weniger uns, als viel mehr unseren Motorrädern und fachkundig wird gesimpelt, die Kettenspannung und der Federweg geprüft und über unsere Plastik Handprotektoren müde geschmunzelt. Irgendwann ist alles woher und wohin ausgetauscht, der Besuch verlässt uns und auch  wir packen unser Zelt und ziehen weiter.
In Tosontsengel ergänzen wir unsere Vorräte, ergattern ein fleischloses Mittagessen, füllen unsere Tanks und suchen den Weg aus der Stadt.  Schlagartig ist Schluss mit Teer. Nichtmal eine richtige Schotterstraße ist zu entdecken, lediglich ein paar Fahrspuren im Gras führen in unsere Richtung und mehrmals müssen wir auf unser GPS schaun, da wir nicht so recht glauben, dass wir hier richtig sind. Von einem Moment auf den anderen haben wir die Zivilisation hinter uns gelassen und haben das erste Mal das Gefühl, tatsächlich in der Mongolei zu sein. Ein bisschen bange wird uns schon, wenn wir daran denken, dass wir die nächsten Tage wohl nur noch auf solchen kleinen Wegen unterwegs sein werden.


400km klingt jetzt erstmal nicht viel, aber sobald Suse die ersten Sandkörnchen erspäht, ist es um ihren Elan geschehen und als es dann auch noch echte Sand-Verspurungen zu bewältigen gilt, kommen wir bald gar nicht mehr vorwärts. Lust haben wir schon lang keine mehr und obwohl der Sonnenuntergang unerbittlich näher rückt, fahren wir immer weiter, es findet sich in der trostlosen Steppe einfach kein vernünftiger Platz für die Nacht. Wir haben die Hoffnung, dass am Telmen Nuur, der hinter dem nächsten Hügel irgendwann kommen muss, doch sicher ein Gercamp mit Dusche auf uns wartet. Was wir finden ist aber erstmal – noch mehr Sand – und ein Bergwerk. Auch nicht der beste Platz zum Zelten. Die nächsten 40 km Seeufer lassen sich von hier oben mühelos überblicken, aber außer zahlreichen LKW (Seit Tosontsengel haben wir vielleicht gerade 5 Fahrzeuge gesehen) gibt es hier nichts. Nur ein wahrscheinlich mückenverseuchtes Seeufer. Auf einer kurzen Erkundungstour auf die andere Hügelseite finde ich außer einer Fuchsfamilie auch keinen ebenen Platz zum Zelten und so folgen wir notgedrungen einer kleinen Piste vom Bergwerk Richtung See, der weiter weg ist, als es den Anschein hat. Die Entfernungen täuschen hier in der Weite der Mongolischen Steppe immer wieder aufs Neue. Obwohl wir lange gefahren sind, haben wir heute gerade mal 70 Off- und 70 Onroad km geschafft! wenn das so weiter geht, kommen wir heuer nimmer nach Nepal.

Am nächsten Tag läuft es bei Suse dann plötzlich besser. Ob die Strecken einfacher werden, ob sie über Nacht Sandfahren gelernt oder einfach resigniert hat und den Sand ignoriert? Keine Ahnung, jedenfalls schaffen wir fast 140 Offroadkilometer – Nepal rückt wieder näher.

Wieder einen Tag später läuft es gut und Suse fährt mir einfach so recht flott hinterher, nach einer blöden Stelle, wo sie ordentlich ins Schleudern kommt, aber dann wieder nur Schrittgeschwindigkeit. Neben den zahlreichen kleinen Pisten verläuft die fast fertige neue Straße. Geteert ist sie zwar noch nicht, aber schön planiert. Wäre eigentlich schön zu fahren, wenn nicht alle 250 Meter ein Erdwall quer drüber aufgeschüttet wäre. Mit den Motorrädern zwar kein großes Hindernis, aber auf Dauer doch ganz schön nervig. Also weichen wir wieder auf die Umleitungen aus, ich mit viel Spaß vorn weg, Suse mit wenig Spaß irgendwo viel weiter hinten hinterher.

Fast fertig und gesperrt, aber für Motorräder kein Hindernis

Irgendwann, so haben wir gehört, soll die Straße wieder eine solche sein und wir haben Glück. Nach knapp 50km schaun wir genau an der richtigen Stelle mal wieder an der Straßenbaustelle vorbei und gerade da ist sie fertig.  Frisch geteert und nigel nagel neu, sogar ohne die lästigen Erdwälle.

Den fehlenden Dreckspuren nach zu schließen sind wir die Ersten, die diese Strecke befahren. Wir rechnen damit, dass unser Glück nur von kurzer Dauer ist und die Straße an irgend einer noch nicht fertiggestellten Brücke endet und wir alles wieder zurückfahren müssen. Erstaunlicherweise geschieht aber nichts dergleichen und so schaffen wir es völlig unerwartet schon heute zum noch 100km entfernten Chiargas Nuur und freuen uns auf einen Tag am Strand.

 

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