Über eine Woche können wir uns nicht von Valparaiso, der Villa Kunterbunt, unserem Turmzimmer und den vielen anderen Motorradreisenden hier losreißen. Es werden schon Wetten abgeschlossen ob wir überhaupt noch weiterfahren, da wir Abends wenn wir gefragt werden nie sagen können obs morgen so weit ist. Als wir uns dann endlich aufraffen und die Moppeds fertig beladen dastehen ist es sensationell spät und schon nach 4 Uhr Nachmittags. Da wir aber nur 2 Stunden nach Santiago vor uns haben passt das ganz gut. Allerdings machen uns unsere Motorräder fast einen Strich durch die Rechnung. Sie wollen einfach nicht anspringen. Wir hätten die total verdreckten Luftfilter vielleicht doch nicht auswaschen bzw erneuern sollen. Gut dass die Villa am Berg liegt. Mit anrollen klappt es dann doch.
In Santiago sind wir von Karin eingeladen, die wir zwei Wochen zuvor auf einer einsamen Gebirgspiste kennengelernt haben. Wir werden lecker bekocht und Ihre drei Kinder freuen sich auch über die Gäste.
In Santiago wollen wir eigentlich nur unsere bestellten Reifen abholen und dann wieder weg. Unsere Mitas E06 sind nach 20 000 km eigentlich fast noch gut, aber in Argentinien bekommen wir keinen gleichwertigen Ersatz und so fahren wir etwas überladen weiter. Bis wir aber die richtige Autobahnausfahrt erwischen bin ich von der Hitze total fertig. Die GPS Karte tut zwar ihr bestes aber bei so vielen Fahrspuren so dicht aneinander und der irreführenden Beschilderung kann das Routing nicht mithalten. Kaum aus der Stadt raus befinden wir uns plötzlich in der Gluthitze der Gebirgs-Wüste. Die ersten Kakteen tauchen am Straßenrand auf und wir versuchen auf den Motorrädern wach zu bleiben. Die Temperaturen sind jenseits von Gut und Böse und wir müssen auf halbem Weg eine Cola Pause einlegen. In La Calera werden wir bereits vom MC Sin Frontera erwartet, die hier ihr Vereinsheim Motorradreisenden zur Verfügung stellen. Die nächsten Tage relaxen wir und versuchen im Schatten zu bleiben. Weg können wir nicht, da wir unser Zelt nicht unbeaufsichtigt stehen lassen sollen. Nachdem wir die Vorderreifen gewechselt haben und ich meine Kette spanne stelle ich fest was da die letzten Tage solche Geräusche von sich gegeben hatte. Eigentlich hatte ich mit verschlissenen Ruckdämpfern gerechnet aber das Kettenradlager hatte sich aufgelöst.
Alles garkein Problem, meinen die Jungs vom Motorradclub und klopfen mir kurzerhand das kaputte Lager heraus. Da aber das Essen gerade fertig ist setzen sich alle an den Tisch und ich mache mir doch langsam Sorgen. Es ist Samtag Abend und irgendwann wollen wir ja auch wieder weiter. Frisch gestärkt machen sich aber dann Henry und Santiago auf den Weg und kommen 10 Minuten Später mit einem neuen Lager zurück. Wie immer haben wir Glück im Unglück und unsere kleinen Pannen ereilen uns just dort, wo sie sofort behoben werden können.
Abends verlegen wir unser Quartier zu Juan „P“ auf die Sommer-zu-Ende Party , die wir allerdings zur Hälfte verschlafen. Wir haben genug vom Feiern und wollen wir weiter und nachts mal wieder schlafen . Wollen – ja, aber heute ist eine kleine Ausfahrt ans Meer angesetzt und da wir nicht ablehnen können fahren wir den kleinen Schlenker zum „Mittag“Essen an die Küste mit. Bis das Essen vorbei ist dämmert es allerdings schon uns so bleiben wir noch eine Nacht in Santiagos Strandhütte. Hier am Meer ist die Temperatur auch wieder angenehm im Vergleich zur Gluthitze der letzten Tage.
Unser nächstes Ziel ist der Paso Agua Negra. Zuerst noch die kühle und neblige Küste entlang, dann ein kurzes Stück Autobahn und dann quer durchs Hinterland. In Los Vilos biegen wir ab und geniessen die gut ausgebaute Teerstrasse den ersten Pass hinauf. Die uns noch neuen Kakteen erfreuen unsere Augen und so erreichen wir Abends den ersten kleineren Pass. Die Schlafplatzsuche gestaltet sich etwas mühsam da die Gegend relativ schroff ist. Letztendlich finden wir aber doch wieder eine nette, halbwegs windgeschütze Zeltmöglichkeit auf einem Kakteen Plateau kurz oberhalb des Miradors und hoffen, daß nicht allzuviele abgebrochene Dornen den Weg durch die Reifen bis zum Schlauch finden werden.
Ab Ovalle wird unsere Abkürzung etwas schottriger und so legen wir vor Vicuna noch eine Übernachtung ein.
Den knapp 5000m hohen Paso Agua Negra wollen wir an einem Tag überqueren, um nicht in der ungewohnten Höhe übernachten zu müssen. Wir stehen diesmal extra früh auf und schaffen es auch tatsächlich bis Mittags zur Grenze nach Juntas zu komnmen. Das moderne Grenzgebäude wirkt angesichts des Ansturms der zahlreichen Reisenden etwas überdimensioniert. Wir sind heute bereits die Nr 11 und 12 die den letzten Kontrolleur am Schlagbaum aus seinem Mittagsschläfchen wecken. An der Kontrollstation hört auch der Teer auf. Suse fährt gemütlich voraus und so habe ich reichlich Zeit Fotos zu schiessen. Die Berge sind vielfarbig und nach jeder Kurve muss ich erneut rechts ranfahren um weiter zu knipsen. Der Pass lohnt sich wirklich.
Kein Verkehr, gute präparierte Piste, keine fiesen Kehren, Fotomotive zum Abwinken und mit knapp 4800 die angeblich zweithöchste Andenüberquerung. Die Argentinische Seite ist dann nicht mehr ganz so angenehm. Dunkle Wolken ziehen hinter uns auf und plötzlich ist es bitter kalt. Die Strasse wird schmäler und holpriger und kleinere Furten halten uns immer wieder auf. Wir wollen schnell nach Unten und sind immer wieder über die Fahrradfahrer erstaunt, die sich diesen Pass in oft mehreren Tage zumuten. Nicht wir sind hier die Abenteurer.