Endlich sitzen wir auf unseren gepackten Moppeds, hoffentlich haben wir nichts all zu wichtiges vergessen. In den nächsten Tagen verlassen wir nur allmählich bekanntes Terrain, es geht über Passau nach Tschechien und anschließend mit einem kleinen Schlenker durch die Slowakei nach Polen. Da wir jetzt eher noch Etappe machen wollen, nehmen wir auch mal größere Straßen und kommen ganz gut voran. Der Reisemodus muss erst wieder neu gefunden werden (was muss wohin gepackt werden, was kaufen wir fürs Mittagessen, wann fangen wir an, nach Tankstellen zu suchen und und und). Nach 3 Tagen erreichen wir Krakau, wo wir bei Klaudia, einer Couchsurferin, gleich neben der Altstadt unterkommen. Wir stellen die Moppeds in den Innenhof des Mietshauses, woraufhin gleichmal ein älterer Herr angeschlappt kommt und Klaudia anranzt, was das soll. Nach schier endlosen Diskussionen, in die sich auch noch eine ältere Dame einmischt, die aber eher auf unserer Seite zu sein scheint, zieht er endlich ab. Mann, der ist ja fast deutscher als die Deutschen!
Tags darauf spulen wir unser Standard-Programm für Städte-Trips ab: So lange wirr durch alte hübsche Gässchen und Straßen laufen, bis wir was zu essen und ein Bier finden. Als Axel zwischendurch mal aufs Handy guckt, blinkt uns die Nachricht von seinem Papa entgegen: Mein Pass ist endlich mit dem Indien-Visum zurück! Yeah!! Jetzt aber mal schnell organisieren, wohin und wie wir meinen Pass schicken können. In der Nähe von Riga haben wir über „Free Beds for Bikers“ jemanden gefunden, bei dem wir pennen können, also frage n wir, ob wir ihm ein Einschreiben schicken können. Soll laut deutscher Post 3-5 Tage dauern, würde also grad passen. Die Antwort kommt auch prompt: „klar, kein Problem!“ Axels Papa düst dann auch gleich zur Post und schickt meinen Pass weiter. (Danke danke danke übrigens nochmal dafür!!!! Und natürlich fürs warten auf den DHL Kurier!) Das muss gefeiert werden! Da trifft es sich doch ganz hervorragend, dass wir für heut Nachmittag mit Simeon, Monis Kumpel, „auf ein Bier“ verabredet sind. Simeon ist begeisterter Craft-Bier-Trinker und so bleibt es nicht bei einem Bier, schließlich muss er uns die ganze Bandbreite zeigen, die Krakau zu bieten hat. Zwischen den Kneipen gibts noch ein bisschen Architektur-Nachhilfe, schließlich hat er das mal gelernt, bevor er sich Richtung Design/Grafik umorientiert hat. Ein heftiges Gewitter mit Starkregen hält uns „leider“ noch länger vom Heimweg ab. Irgendwann machen wir uns dann doch auf den Weg, wir wollten ja noch Kässpätzle für unserer Gastgeberin kochen, die übrigens genau wie Simeon perfekt Deutsch spricht. Da wir dafür aber etwas spät dran sind ziehen wir gemeinsam mit ihr gleich nochmal los.
Spät ist es geworden, mit entsprechend flauem Magen machen wir uns morgens wieder auf den Weg. Die Baustellen und kaum verständlichen Umleitungen in der Stadt treiben uns fast in den Wahnsinn, dafür sind die Auto-Fahrer erstaunlich human. Irgendwann entlässt uns die Stadt und wir schaffen es über ziemlich langweilige große Landstraßen bis Warschau. In Polen sind unglaublich viele LKWs auf den großen und kleinen Landstraßen unterwegs und von Tempolimits scheinen sie nicht viel zu halten. Da wir uns anfangs wenigstens halbwegs ans vorgeschriebene Limit halten wollen, werden wir fast ununterbrochen überholt, egal ob inner- oder außerorts, egal ob vom klapprigen Kleinwagen oder vom 40-Tonner. Irgendwann schwimmen wir dann doch lieber im schnellen Strom mit und hoffen dass nicht ausgerechnet wir kontrolliert werden.
In Warschau treffen wir uns mit Lukasz und Marta, die auch in wenigen Wochen mit 2 Motorrädern gen Osten aufbrechen werden. Lukasz hat sich die Kommunikation mit der Agentur ans Bein gebunden, die unseren China-Transit organisieren soll und dreht dabei inzwischen fast durch. Immerhin sind es inzwischen fast 30 Reisende geworden, die sich über eine Facebook-Gruppe zusammengefunden haben und alle Anfang bzw. Mitte September von Kirgistan nach Pakistan wollen. Über diese Facebook-Gruppe haben sich auch Sven und Steffi für heute mit Lukasz verabredet und so treffen wir uns alle auf unserem Camping und machen uns auf die Stadt. Bei veganem Essen (ja liebes Stuttgart, hier in Warschau gibt es sogar weit mehr als nur ein veganes Restaurant!) und Bierchen wird es ein schöner Abend. Axel bekommt von Lukasz noch einen Tipp für eine gute Motorradwerkstatt, da irgendwas mit seinem Motor nicht stimmt: im Luftfilter ist ständig Öl und das kann eigentlich nur aus der Kurbelgehäuseentlüftung kommen und das wiederum ist kein gutes Zeichen.
Bei dieser Werkstatt bauen wir am nächsten Morgen – mal wieder! – das halbe Mopped auseinander. Nach einigem gucken, schnüffeln und daneben stehen einigen sich die Jungs darauf, dass ein Knick im Entlüftungsschlauch die Ursache des Problems sein könnte. Die andere mögliche Ursache, ein kaputter Kolbenring, lässt sich nicht mal so eben checken, also darf es das einfach nicht sein, fertig. Da wir ja inzwischen Übung haben, ist das Mopped schnell wieder zusammengeschraubt und es kann losgehen gen Norden. Der Mechaniker hat uns noch hübsche Straßen durch die masurische Seenplatte empfohlen, also haben wir für heute jetzt auch ein Ziel. Ein perfekten Wild-Zelt-Spot an einem See See finden wir gerade, als wir die Suche schon aufgeben wollen. Eine Feuerstelle und Holz im Wald gibt es auch, nur eins stört die Idylle: MÜCKEN! Und BEISSFLIEGEN! Millionen davon. Na, das gibt uns ja schon mal einen Vorgeschmack auf Sibirien.
3 Tage später treffen wir bei Marcis in der Nähe von Riga ein. Litauen und Lettland sind hauptsächlich flach, die Felder werden immer wieder von Wäldern unterbrochen. Für die Jahreszeit ist es eigentlich viel zu warm und trocken, aber da will ich mich mal nicht beschweren. Nur noch die größeren Straßen sind asphaltiert, aber die Schotterstraßen sind eigentlich ganz gut befahrbar, auch wenn einem manchmal recht fieses Wellblech den Fahrspaß verdirbt.
Marcis ist leidenschaftlicher Goldwing und Harleyfahrer und hat sich eine ordentliche Garage/Werkstatt neben sein Haus gebaut. Und weil noch Platz war, kam halt noch eine Männerhöhle inkl. Partyraum, Bar, Sauna und Dusche dazu. Hier dürfen wir uns nach dem Begrüßungsbier einrichten. Der Abend wird mal wieder lang.
Da auch am Tag darauf mein Einschreiben immernoch nicht angekommen ist, nimmt uns Marcis mit auf Erkundungstour durch Riga und Jelgava.
Die Post geht mir auf den Sack. Am 9.05. hat Axels Papa das Einschreiben in München aufgegeben, am 15. (!) liegt es immerhin schon in Frankfurt um verflogen zu werden. Aber egal, Hauptsache ich halte irgendwann meinen Pass in Händen, damit wir endlich Richtung Russland weiterziehen können. Sankt Petersburg und Moskau warten auf uns!