Kirgistan begrüßt uns gleich mit einem kräftigen Regenschauer. Pünktlich an der Grenze fängt es an und wir nutzen auf freiem Feld den Windschatten eines Geländewagens um uns in unser Regenzeug zu zwängen. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Die Piste ist auf den ersten 50 km in einem fast „kasachischen“ Zustand und macht bei Regen gleich noch viel weniger Freude. Suse lässt es etwas vorsichtiger angehen und ich versuche das Gehoppel durch Geschwindigkeit zu kompensieren. Irgendwann werden Wetter und Straße besser und wir sehen sogar etwas von der Landschaft. Dafür ist jetzt durchgehend „Ortschaft“ und wir kommen weiterhin nicht vom Fleck. Immerhin haben wir bereits ein Ziel für die nächsten Tage. Memos Guesthouse in Karakol. Hier warten neben unseren Pässen mit den China Visa auch Birgit und Ralph auf uns und Memo hat auch unsere Lieblingsreifen in Russland bestellt, die hier in den nächsten Tagen eintreffen sollen. Unsere E07 haben zwar gerade mal 17.000 km drauf und sind damit grad mal gut eingefahren, aber die nächsten 6 Länder und 25.000 km können wir nicht auf Ersatz hoffen. Die nächsten Tage lassen wir es uns in Karakol gut gehen und bewegen die Moppeds keinen Meter und uns nicht viel weiter als bis zum nächsten Cafe. Irgendwann müssen wir weiter. Georg, ein ehemaliger Overcross Kollege aus der Schweiz kommt in ein paar Tagen zu einer Konferenz nach Bishkek und hat sich für eine kleine Runde eine AfricaTwin organisiert. Bevor wir uns mit ihm treffen, machen wir aber erst noch ein paar Tage Urlaub am Issykul, dem zweitgrößten Gebirgssee der Welt nach dem Titikaka, 10 mal so groß wie der Bodensee und damit fast ein kleines Meer. Am Strand liegen wir allerdings nur einen Vormittag, danach pflegen wir unseren Sonnenbrand. Haben da wohl die Höhensonne etwas unterschätzt.
Dann heißt es erstmal die geplante Route überarbeiten. Bishkek hatte ich eigentlich für ganz wann anders eingeplant. Macht nix. Fahren wir halt zuerst nach Tasch Rabat und zum Song Köl. Zum Glück ist es in Kirgistan ja überall schön und da wir eine Woche eher als geplant eingereist sind, haben wir auch noch reichlich Zeit bis wir am 3. September an der Chinesischen Grenze stehen müssen.
Abends in Naryn vor der örtlichen CBT Touri Info treffen wir noch einen polnischen Motorradguide, der meint, wir sollten doch unbedingt die kleine Runde vom Torugart zum Koi Suu See fahren, das wäre eine der schönsten Strecken im ganzen Land. Da ich die Gegend noch nicht kenne und wir ja Zeit haben, beantragen wir im CBT gleich noch das dafür nötige Permit. Das brauchen wir, da die Strecke durch das Grenzgebiet zu China verläuft.
Tash Rabat gefällt mir dieses mal nicht so gut.
Beim 3. mal hat es sich einfach etwas abgenutzt und es ist in den letzten 10 Jahren seit meiner letzten Kirgistan Tour auch etwas touristischer geworden. Eigentlich wollten wir hier übernachten und am Nachmittag einen kleinen Ausritt unternehmen, aber außer an den CBT Jurten sind keine Miet-Pferde zu entdecken und die gibt es nur zusammen mit einem teuren Guide. Fahren wir halt weiter und suchen uns einen anderen Platz für die Nacht.
In Kirgistan eigentlich kein Problem, aber in dieser Gegend nicht ganz so einfach. Linker Hand wegloses Gebirge wo an allen guten Stellen schon Jurten stehen, rechter Hand eine weite Wüstenebene. Die auf der Karte eingezeichneten Ortschaften bestehen nur aus ein paar Ruinen und so wird es heute mal nichts mit dem Feierabendbier, das uns unseren Zeltplatz hätte versüßen können. Da wir bereits auf über 3000m sind wird es mit Sonnenuntergang schlagartig eisig kalt. Wir essen ausnahmsweise im Zelt und mummeln uns dann schnell in unsere warmen Daunen-Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen dann die Überraschung. Wir fühlen uns verkatert als hätten wir gesoffen. Suse hat es nicht ganz so schlimm erwischt, aber ich leg mich nach dem Aufstehen erstmal vor dem Zelt wieder hin. Ich fühl‘ mich viel zu schlapp um auch nur an packen oder Frühstücken zu denken. Super – hat mich die Höhe mal wieder voll erwischt! Irgendwann kommen wir doch los. Nachdem wir das Permit schon bezahlt haben, wollen wir auch noch auf den Torugart Pass rauf und uns die Chinesische Grenze schonmal anschauen. Dann kurz das Tal entlang und schnell schaun, dass wir wieder weiter runter kommen. So ist der Plan…… Schön gedacht – funktioniert nur leider nicht. Rauf auf Drei-Fünf klappt noch recht flott.
Aber mit schnell wieder runter wird es erstmal nichts. Der Weg entlang des Stacheldrahts zu China ist in keinem Zustand, den Suse schnell fahren möchte und auch die Höhe macht uns immer mehr zu schaffen.
Viel besser wird es nicht, als sich der Weg irgendwann in ein zum Glück gerade trockenes Flussbett verlagert und wir im z.T. recht weichen Schotter unterwegs sind. Da hatte uns der Polnische Guide aber ganz was anderes erzählt. Diese Strecke ist weit entfernt von „Anfängergeeignet“.
Zu allem Überfluss ziehen vor uns auch noch Schwarze Wolken auf und pünktlich zum einsetzenden Regen stehen wir dann auch noch vor einer Wasserdurchfahrt. Eigentlich keine große Sache, aber so erledigt wie wir sind trotzdem eine Herausforderung. Ich komme problemlos durch, aber zurück laufen und Suses Mopped auch noch rüberfahren, bekomm ich beim besten Willen nicht hin, dazu bin ich zu erledigt und so muss sie halt selber durch. Endlich kommen wir auch weiter runter, fühlen uns nicht mehr ganz so betüdelt und sind wieder in der Lage klare Gedanken zu fassen. Die Straße hat den Namen wieder verdient, wird aber zunehmend zu ganz ekligem Wellblech. Keine Geschwindigkeit ist die Richtige. Ich bügel trotzdem einfach Full Speed drüber, dann ist es wenigstens schneller vorbei. An der Abzweigung zum „SEE???“ beschließen wir diesen doch nicht anzufahren. Im Gebirge hängt nach wie vor das Gewitter fest und wir müssen für die Nacht dringend weiter runter und nicht wieder weiter hoch. Abgesehen davon macht die Strecke keinen besonders angenehm zu fahrenden Eindruck und zusätzlich schwinden unsere Benzinvorräte beträchtlich. Jetzt rächt sich mal wieder, dass meine DR fast einen Liter mehr verbraucht als Suses. Sie würde locker noch 100km weiter kommen. Ich bin schon froh wenn ichs noch bis zur nächsten Tankstelle schaffe und so biegen wir links ab und fahren so lange Richtung Sonne bis wir einen traumhaften Camping-Spot am nächsten Fluss entdecken.
Auf dem Weg nach Bishkek führt uns unser nächster Abstecher dann zum Song Köl, einem Gebirgssee auf 3000m. Mittlerweile sollten wir dafür zwar halbwegs akklimatisiert sein, vorsichtshalber übernachten wir aber kurz vor dem letzten Pass, um nichts zu riskieren. Kaltes Bier haben wir zwar mal wieder keins, dafür einen phantastischen Sternenhimmel, eine laue Sommernacht und ein gemütliches Feuer. Auch als Motorradfahrer kann man unterwegs etwas Holz sammeln 😉
Da die nächste Etappe hoch zum See recht kurz ausfällt, haben wir noch genug Zeit, in einem der Jurtcamps die Fahrzeuge für den Nachmittag auszutauschen. Gangschaltung und Lenkgetriebe sind zwar ausgeschlagen und auch die Gasannahme ist recht zögerlich, aber irgendwann begreifen die Gäule dann doch, dass Fressen, Saufen und auf dem kürzesten Weg wieder Heimtrotten gerade nicht auf dem Programm steht.
Ein paar Meter den Hügel hoch finden wir dann noch einen hübschen, wenn auch buckligen Platz für die Nacht, aber wer kann da schon widerstehen…
Die Strecke runter nach Kochgor ist ganz anders als die rauf von Naryn und ich bin ein weiteres mal erstaunt, wie abwechslungsreich Kirgistan doch ist.
Die gut ausgebaute Straße nach Bishkek ist dann schnell abgespult, auch wenn sich das Ende bei tropischen Temperaturen nochmal beträchtlich in die Länge zieht. Zeit ist einfach relativ.