Kulturell schon leicht übersättigt ist unser nächstes Ziel Isfahan, aber wenn schon, denn schon, da müssen wir jetzt auch noch durch. Wir haben uns wieder über Homestays einen Gastgeber mit sicherem Motorrad-Parkplatz gesucht und bekommen anstatt unseres gebuchten Zimmers gleich die komplette Wohnung im Souterrain. Das von uns gewählte, günstigste Zimmer wäre das Elternschlafzimmer gewesen, da ist dem Vermieter dann doch das Upgrade lieber als uns in der Wohnung zu haben und selber in den Keller ziehen zu müssen. Da wollen wir uns mal nicht beschweren. Zuerst müssen wir jetzt aber eine Wechselstube finden und uns wieder mit ein paar Millionen eindecken. Der Iranische Rial hat allein in den ersten 10 Tagen unseres Aufenthalts beinahe 10% an Wert verloren und so macht es Sinn nicht allzu viel auf einmal zu tauschen. Da wir bei Banken nur den offiziellen staatlichen Wechselkurs bekommen würden, suchen wir uns alternativ eine Wechselstube bei der wir beinahe das dreifache bekommen. Dazu müssen wir allerdings erst einmal eine Traube von Schwarzmarkt-Wechslern hinter uns bringen, die mehr oder weniger aufdringlich versuchen uns Dollar abzuschwatzen. Wir haben aber arge Bedenken, dass wir auf der Straße beschissen werden oder Falschgeld bekommen und ziehen die „offiziellen“ Wechselstuben vor, auch wenn dort die Kurse möglicherweise ein wenig schlechter sind. In Shiraz hatte uns eine französische Touristin gerade erst erzählt, wie sie am Flughafen von einem Geldwechsler um 50€ betrogen wurde. Erst hat er das Geld abgezählt aber als sie es dann nachgezählt hat, war es zu wenig und der Typ bereits verschwunden. Da umstehende Passanten die Polizei gerufen haben kam sie dann erst einige Stunden verspätet bei uns im Homestay an. Nach der Protokollierung auf der Polizeistation wurde ihr dort sogar ihr Verlust von der Polizei ersetzt und das, obwohl das „schwarz tauschen“ eigentlich illegal ist!
Mit frischem Geld gehen wir jedenfalls erstmal weiter zum Imam-Platz, kommen aber nicht allzu weit, da wir einen der illegalen Geldwechsler erst nicht abwimmeln können und dann sogar ins Gespräch mit ihm kommen. Er hat wohl als Flüchtling eine Zeit lang in Deutschland verbracht und freut sich sichtlich, zumindest seine Deutschkenntnisse mal wieder an den Mann zu bringen.
Auf dem Platz quatscht uns dann gleich der nächste Typ an. Grundsätzlich ist es nichts Neues, dass wir ständig von Wildfremden im Land willkommen geheißen werden, aber innerhalb von 5 Minuten gleich zweimal auf deutsch ist dann doch ungewöhnlich und so verbringen wir den Rest des Abends mit Hamid, der gerade deutsch lernt und in Deutschland studieren möchte. Da durch die Sanktionen und die dadurch hervorgerufenen heftigen Kursverluste seine Ersparnisse erheblich geschrumpft sind wird er aber wohl noch länger als geplant bei einem Kumpel im Teppichgeschäft arbeiten müssen bevor er sich seinen Traum erfüllen kann.
Den nächsten Tag haben wir dann eigentlich einiges an Sightseeing geplant. Gleich in der Freitagsmoschee finden wir aber erst den Eingang ewig nicht und dann bekomm ich auch noch Migräne. Da wir uns irgendwie in der Zeit vertan haben und mit einer Facebook Bekanntschaft verabredet sind, bleibt auf dem eiligen Weg durch den Basar dann auch keine Zeit mehr um etwas zu essen und wir schlagen mit ordentlich Verspätung am vereinbarten Treffpunkt auf. Razi, eine Englischlehrerin wartet hier schon auf uns, aber zu aller erst müssen wir jetzt etwas futtern. Mit Ihrer Hilfe finden wir dann auch schnell den nächsten Falafel-Stand. So richtig große Lust haben wir zwar auf Falafeln auch nicht mehr, zu oft haben wir das in den letzten Wochen jetzt schon gegessen, aber wie so oft hier im Iran ist halt etwas anderes vegetarisches nicht so einfach zu finden.
Unser Besichtigungsprogramm für den Nachmittag kürzen wir radikal zusammen und schaun nur noch schnell die eine Moschee an, die vorne auf unserem Reiseführer abgebildet ist. Danach verziehen uns dann mit Razi und ihren Freunden in ein abgefahren dekoriertes Café wo wir uns den Rest des Nachmittags festquatschen und in erstaunlich offenen Gesprächen viel über die Sitten und Gebräuche und Sorgen der jungen Generation im Iran erfahren. Besonders überrascht uns die Frage, wie sich junge Leute denn so bei uns kennenlernen, wie die ersten Dates ablaufen und wie schnell man dann in der Kiste landet.
Abends müssen dann recht plötzlich alle nach Hause, auch mit über 30 wohnen noch alle bei Ihren Eltern, da es für Singles und Alleinstehende nicht so einfach ist eine eigene Wohnung zu finden. Wir lassen uns dann gleich noch bis zum Fluss mitnehmen um die berühmten Brücken von Isfahan bei Nacht zu bewundern. Leider ist vom „Fluss“ nur ein Ausgetrocknetes Flussbett zu sehen und ohne Wasser und ohne die Spiegelungen ist es leider nicht ganz so stimmungsvoll . Zudem ist es Nachts immer noch empfindlich kühl. Trotzdem laufen wir noch eine ganze Zeit lang die meisten der Brücken ab bevor wir uns hungrig auf den Rückweg machen.
Am nächsten Tag muss dann doch noch etwas Kultur sein. Zur Abwechslung ziehen wir uns diesmal aber keine Moschee rein sondern erkunden erst das Armenische Viertel und eine prunkvolle Kirche, samt angeschlossenem Museum in dem wir viel über die Armenische Kultur im Iran und auch viel über den Genozid in der Türkei erfahren. Immer wieder erstaunlich wie wenig wir über die Aussereuropäische Geschichte wissen. Ebenfalls erstaunt sind wir mal wieder, wie viele Touristen außer uns hier unterwegs sind und wie beliebt der Iran als Reiseziel ist.
Am Nachmittag geht es dann nochmal auf den Imam Platz wo wir es aber nach dem Palast gut sein lassen. Da wir wie immer fast alles zu Fuß laufen, sind wir ganz schön fertig als wir wieder in unserem Homestay ankommen.
Da die vegetarische Essensversorgung nicht ganz so einfach und vor allem auf Dauer nicht so abwechslungsreich ist wollen wir unsere Küche nutzen und uns heute mal wieder selber was kochen. Gerade als wir damit angefangen haben klopft es allerdings an unserer Tür. Es ist unser Vermieter, der uns zu sich zum Abendessen einladen will. Da aber das vorbereitete Essen seiner Frau nur „fast“ vegetarisch, also nur mit „ganz wenig“ Fleisch ist bringen wir einfach unsere Pasta mit nach oben und verbringen noch einen netten Abend in Isfahan, bevor wir uns dann am nächsten Morgen wieder aufmachen. Da die Wetteraussichten alles andere als rosig sind müssen wir dringend weiter, um mit Glück zwischen den nächsten Schlechtwetterfronten durchzurutschen.