Apr 062019
 

Auf Qeshm ist es doch noch richtig schön geworden, aber irgendwann muss es ja weitergehen. Doch zunächst wollen wir mal sehen, ob aufgrund dieser ominösen „Freihandelszone“ hier auf der Insel nicht ein neues günstiges Smartphone für den Axel aufzutreiben ist. Sein altes verweigert mehr und mehr den Dienst und treibt ihn irgendwann noch (vollends 🙂 ) in den Wahnsinn. Eins muss man sagen: Physikalisch robust ist das S5 mini offensichtlich, so oft wie es schon durch die Gegend geflogen ist…
Die anvisierte „Outlet“ – Stadt ist dann tatsächlich voll mit Einkaufszentren, allerdings tummeln sich eher die Haushaltswarenläden mit Mixern, Staubsaugern, Wasserkochern und und und der Marke „Bismark“ – angeblich aus good old Germany (?). Trotzdem vertüdeln wir einige Zeit in den paar vorhandenen Händi-Läden ohne wirklich schlauer zu werden. Es gibt einfach die verkehrte Auswahl, um spontan was zu kaufen und günstiger als in D gibts die Geräte leider auch nicht. Vertagen wir das halt erstmal.
Dieses Mal erwischen wir die PKW-Fähre und gleich dauert es länger bis wir ablegen, erst wenn alle Plätze belegt sind, werden die Leinen losgemacht. Das gibt mir Gelegenheit zu einem Schwätzchen mit einem Mädel aus Kerman, die gerade auch ein paar Tage auf der Insel war und uns gleich mal zu sich nach Hause einlädt (was wir leider ausschlagen müssen). Axel wird währenddessen von einigen anderen Fahrgästen mit Nüsschen versorgt und ohne gemeinsame Sprache zu unserer bisherigen Reise befragt. Man fühlt sich hier so richtig willkommen!

Zurück auf dem Festland machen wir uns an die wohl eher langweilige Strecke am Meer entlang Richtung Nordwest. Wir wollen nach Shiraz, wären wir nicht ausgerechnet im späten Winter hier, würden wir eher eine Strecke durch die Berge nehmen. Aber es ist wie es ist, im Moment ist es dort einfach noch so kalt, dass wir lieber darauf verzichten und auf Meereshöhe bleiben. Nach den Campingtagen auf der Insel brauchen wir dringend mal wieder ne Dusche, daher beißen wir in den sauren Apfel und nehmen kurz vor Sonnenuntergang ein für die hiesigen Verhältnisse viel zu teures Zimmer in einem Hotel, das auch schonmal bessere Tage gesehen hat. Wenn man bedenkt, dass man für umgerechnet 50 Cent ein Falafel-Sandwich und für 7 Cent einen Liter Sprit bekommt, sind rund 20 Euro (60€ zum offiziellen Wechselkurs!) für ein Hotelzimmer geradezu unerschwinglich. Ein durchschnittlicher Verkäufer verdient vielleicht 100 – 150 Euro im Monat…
Die knapp 700km Strecke in der Nähe der Küste ziehen sich, die Straße ist langweilig, die Landschaft leider auch nicht dazu geeignet, die Müdigkeit zu vertreiben. Nur die Öl-Raffinerien bieten gelegentlich etwas Abwechslung. Immer wieder taucht hinter der nächsten Hügelkuppe eine Feuerlanze auf (oder wie heißen die Türme, wo oben das Abgas verbrannt wird?), neben und auf der Straße liegen haufenweise gelbe Kügelchen herum. Wir vermuten einfach mal, dass bei der Verarbeitung von Rohöl Schwefel abgesondert wird und der muss ja irgendwo hin.

Wir machen heut zwar so richtig Strecke, aber irgendwie verpassen wir den richtigen Moment, einen Schlafplatz zu suchen. Ist hier an der Küste zwischen den ganzen Ölfördereinrichtungen und dazugehörigen Städten auch nicht so einfach. Erst als die Sonne schon untergegangen ist, findet Axel zum Glück einen kleinen Abzweiger und wir können uns halbwegs hinter ein paar Hügeln verstecken. Zum noch größeren Glück kann der Axel ja nix liegen lassen und hat schon seit Qeshm unsre restlichen Holzvorräte auf die Kiste geschnallt. So können wir trotz der schnell fallenden Temperaturen noch gemütlich kochen und ein wenig am Lagerfeuer sitzen ohne gleich zu erfrieren.
Eine Sehenswürdigkeit gibt es dann doch noch am Weg: den Jashak Salt Dome. Mitten aus dem ansonsten „normalen“ Bergmassiv drückt sich auf einigen Kilometern Salzgestein nach oben und bildet dank Wind und Wetter die bizarrsten Formen. In den Moppedhosen wird uns reichlich warm, als wir stundenlang über schroffe Abhänge klettern, immer darauf bedacht, uns nicht an den scharfen Salzkrusten die Hände aufzuschneiden. Wir sind auf der Suche nach einer großen Höhle, von der uns ganz am Anfang ein iranischer Guide ein Foto gezeigt hat. Ihn wollten wir aber nicht engagieren (bringt auch nichts ohne gemeinsame Sprache, dachten wir uns), daher sind wir wohl jetzt irgendwie an der falschen Stelle unterwegs. Wir stehen auf einer … nennen wir es mal „Salz-Gletscherzunge“, die sich ganz wie ein echter Gletscher zwischen zwei Bergflanken Richtung Tal drückt, nur halt nicht aus Eis sondern aus Salz. Und genau so ist es auch hier keine glatte Oberfläche sondern schroff zerklüftet. Außer uns scheint niemand hier zu sein. Wir machen einige nette Fotos und suchen dann den Rückweg. Jetzt hören wir aber reichlich Stimmen, es muss doch jemand hier sein! Nach weiterer Kraxelei erhaschen wir in der Ferne doch noch einen Blick auf die „richtige“ Stelle: Hier tummeln sich Dutzende Touristen auf einem etwas besser begehbaren Ausläufer, dann müssen wir wohl dort hin, um die Höhle zu finden. Gesagt getan, trotz Durst und Hunger quälen wir uns auch noch über diese Zunge, finden aber wieder nicht die richtige Höhle, die restlichen Touristen haben sich inzwischen verzogen und können nicht mehr befragt werden.

So, keinen Bock mehr, wir kriechen zurück zu unseren Moppeds und stöhnen über unsere müden Beine. Mannomann sind wir unfit!
Unseren Hunger wollen wir in der nächsten Stadt stillen, am Straßenrand entdecken wir ein kleines Restaurant. Die Sprachbarriere ist wie so oft nicht so einfach zu überwinden, also zücken wir das Handy, wo wir ein paar für Vegetarier wichtige Sätze gespeichert haben. Aber auch das hilft hier erstmal nicht weiter, also bemühe ich mein nicht vorhandenes Persisch und sage „Sabzi“, das heißt wohl „Gemüse“ aber auch „Kräuter“. Da schaut die Frau hinter der Theke erfreut, sagt einen Satz, in dem Sabzi vorkommt und wir nicken. Ein paar Minuten später kommen zwei Schüsseln mit weißen Bohnen in einer Kräutersoße, Reis und Brot, supi! Oder doch nicht? Als ich umrühre schwimmt der eine oder andere Fleischbrocken drin. Verdammt! Das Konzept „vegetarisch“ hat sich hier noch nicht so ganz durchgesetzt, „ist doch fast kein Fleisch“ oder „wenn Du es nicht essen willst, kannst Du es ja raussortieren“ ist dazu die Antwort.
Wir haben ganz schön viel Zeit auf dem Salzberg verbracht, so kommen wir leider nicht so weit wie gedacht. Auf der Strecke kennt maps in absehbarer Zeit nur noch ein Hotel und da wir von unserer Kletterei ganz schön ins Schwitzen geraten sind, wollen wir heute eine Dusche, also nichts wie hin. Irgendein ganz schlauer Straßenbauer hat zwischen der eigentlichen Straße und dem Hotel eine neue Straße (Abzweigung in ein neues Industriegebiet?) gebaut, aber leider die Zufahrt durch die Leitplanke vergessen. Mehr als 2km wollen wir nicht als Geisterfahrer auf der Autobahn zurück, also versuchen wir einen Weg über Feld- und Schleichwege zu finden und haben nach längerer Suche tatsächlich Erfolg. An der Rezeption hören wir einen akzeptablen Preis, die Eingangshalle sieht OK aus, also nehmen wir ungesehen ein Zimmer. Das Hotelformular wird in mühsamer Kleinarbeit und mit Hilfe von Google Translate ausgefüllt und dann geht es ans liebe Geld. Wir legen den vereinbarten Betrag auf die Theke, aber dann bedeutet die gute Frau: „ja, danke schonmal, aber jetzt bitte das gleiche nochmal“ – Sie meint doch tatsächlich, dass der ausgerufene Preis nur für eine Person ist. Aaaargh, sowas regt mich auf!! Ein bisschen können wir sie noch runter handeln, aber der Restbetrag ist immernoch zu teuer. Nur leider hat die Suche nach der Einfahrt und das Ausfüllen des Formulars so lang gedauert, dass jetzt schon die Sonne untergeht und wir nicht mehr weiterfahren wollen. Erst recht regen wir uns dann auf, als wir das Zimmer betreten: der Lichtschalter ist halb aus der Wand gerissen, an den Wänden ist braune Farbe (hoffentlich!!) verspritzt und so richtig sauber ist es auch nicht. Eigentlich sieht das Hotel aus, als sei es gerade erst fertiggestellt worden, aber auch, als sei es schon wieder baufällig.
Die Disse gleich nebenan haut dann noch die halbe Nacht die hiesigen Charthits raus, aber irgendwann sind wir müde genug um trotzdem einzuschlafen.

Da es hier in letzter Zeit wohl etwas Regen gab, können sich wenigstens unsere Augen an dem vielen saftigen Grün kaum sattsehen. Zumindest so lange, bis die Visiere durch die ganzen erlegten Schmetterlinge (sorry!!) undurchsichtig werden – durch solche Wolken an Fliegvieh bin ich noch nie gekommen! Auch unsere Klamotten sehen mal wieder so richtig appetitlich aus. An vereinzelten Obstbäumen zeigen sich sogar schon die ersten zaghaften Blüten.

Als wir dann auch noch die Berge erreichen macht auch die Fahrerei gleich viel mehr Spaß, auch wenn heute ganz schön viel los ist. Und ausgerechnet hier ist die Straße nur einspurig und ABSOLUTES Überholverbot (sogar die Iraner halten sich großteils daran, hier muss auf Überholen die Todesstrafe stehen oder so), wir hängen ganz schön lang in der LKW und Autoschlange fest. Naja, nicht schlimm, bis Shiraz ist es nicht weit und so bleibt mehr Zeit um auch mal die Blicke schweifen zu lassen in die grünen Täler und auf die schneebedeckten Gipfel. Wir haben uns einen super Tag rausgesucht für die Strecke, die Sonne scheint, es liegt ein Hauch von Frühling in der Luft, so kann es von mir aus weitergehen! Naja, ein klitzekleines bisschen könnten die Temperaturen noch steigen, aber das wird sicher noch…

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