Feb 142019
 

Nachdem wir unseren Aufenthalt in Goa ja etwas verlängert hatten haben wir es nicht mehr zum Drachenfest nach Rajastan geschafft, aber auch so freuen wir uns auf diese Ecke von Indien, die ja an prächtigen Palästen und Städten so einiges zu bieten haben soll. Erstmal müssen wir aber aus Mumbai raus. Da wir wie immer viel länger brauchen bis wir loskommen ist es bereits unangenehm warm und auch die morgendliche Rushhour hat schon eingesetzt. Der Stau sollte zwar eigentlich nicht stadtauswärts sein, aber wie immer, wenn Polizisten in Indien die Verkehrsregelung übernehmen, geht erstmal gar nichts mehr. Als wir dann allerdings irgendwann über diese erste Kreuzung hinaus sind, läuft es ganz gut. Es zieht sich trotzdem noch fast zwei Stunden hin, bis wir den Moloch hinter uns gelassen haben und uns gegen Mittag einen Frühstückskaffee gönnen.


Wir machen ganz schön Strecke und schaffen es in nur 3 Tagen nach Udaipur, unserem ersten Ziel in Rajastan.
Mein Hintern, den nach der Zeit in Goa bereits die Strecke nach Mumbai arg in Mitleidenschaft gezogen hat, erholt sich auch wieder. Gut dass ich die kaputte Therm-A-Rest Matte noch nicht weggeworfen habe. Gefaltet und mit etwas Luft gefüllt ist meine Sitzbank zwar so etwas wobbelig aber auch viel weicher.

In Udaipur ist es dann wieder das indische Verkehrschaos, aber irgendwie schaffen wir es durch die engen Gassen der Altstadt tatsächlich unser Hotel zu finden und überraschenderweise ist hinter dem Eingangstor auch tatsächlich genug Platz für unsere beiden Motorräder. Udaipur ist zwar ganz nett, und ein paar hübsche Bilder kann ich auch knipsen, aber so richtig begeistert es mich nicht.

Der Adinath Tempel in Ranakpur ist dann zwar leider etwas überlaufen, aber trotzdem sehr interessant. Er ist einer der wichtigsten Tempel des Jainismus, einer Glaubensgemeinschaft, deren Anhänger keinerlei Lebewesen verletzen oder töten und auch Pflanzen nicht unnötig schädigen dürfen. Sie können daher z.B. nicht als Bauern arbeiten, da sie beim Pflügen Würmer und Käfer töten würden oder sie essen keine Zwiebeln oder Knoblauch, da dabei die gesamte Pflanze nicht weiterleben würde.

Da wir mehr Zeit als geplant im Tempel verbracht haben, kommen wir erst mit Einbruch der Nacht in Jodhpur an. Geübt, wie wir mittlerweile sind, bereitet uns der Verkehr keine Probleme, eine Herausforderung bleibt es dann aber doch, da sich unsere Unterkunft wieder in einer der engen und verwinkelten Altstadtgässchen versteckt. Keine Ahnung warum hier mein GPS das Satelliten-Signal nicht verliert und wir den richtigen Weg auf Anhieb finden.
Am nächsten Tag wollen wir eigentlich die Stadt und die Festung erkunden, als sich wider Erwarten der Lager-hersteller meldet, den ich am Tag zuvor per e-mail angeschrieben habe.
Mein Lenkkopflager, welches wir bereits vor Reiseantritt erneuern mussten, ist nach gerade mal 30Tkm schon wieder kaputt und „hakt“ ein wenig. In Udaipur hatten wir zwar schon ein Spezialgeschäft gefunden, aber auf Lager hatte es unser Lager leider nicht. Bestellen war keine Option, da wir die nächste Unterkunft nicht mehr stornieren konnten. In Jodhpur hatte ich mir dann auf google maps die Lager-Läden rausgesucht und einen davon angeschrieben. Soweit die Vorgeschichte.
Als uns dann nach einem kurzen Telefonat (unser Herbergswirt hat das dankenswerter Weise für mich übernommen) dann sogar der Lager-Laden-Chef persönlich abholt, wird uns recht schnell klar, dass er wohl meine mail nicht richtig gelesen hat. Ich wollte keine Lager Großbestellung aufgeben, sondern nur einen Satz neuer Lenkkopf-Lager haben. „Alles gar kein Problem“ heißt es immer nur. In seiner Fabrik angekommen gibt es dann erstmal Tee während wir in Katalogen die komplette Produktpalette vorgeführt bekommen. Dann gibt es eine Führung durch die Produktionshalle und zu guter Letzt fahren wir in den Laden des Bruders, der das passende Kegelrollenlager angeblich auf Lager hat. Hat er natürlich nicht! Aber kann er besorgen. Einen Tee und etliche Telefonanrufe später dann die Info: Kann er bestellen und per Kurier bis zum nächsten Tag liefern lassen. Den Preis würden wir dann erfahren sobald die Bestellung bestätigt wird. Wir tauschen noch Telefonnummern und ziehen los um etwas zu essen und noch was von der Stadt zu sehen da der Tag mittlerweile schon fast rum ist.


Als wir zwei Stunden später mal rückfragen, wie es jetzt ausschaut, heißt es dann irgendwann: „Doch nicht lieferbar“ – „in Indien nicht zu bekommen“. Wir sollen doch Abends das kaputte Lager vorbeibringen, dann würden sie mal in ihrem alten Gebrauchtwarenbestand nachschauen, ob da nicht doch noch was zu finden wäre. Da wir noch ein gebrauchtes Lager als Ersatz dabei haben können wir das gewünschte Ansichtsexemplar auch ohne Ausbau vorbeibringen – Ersatz wollen wir wenn möglich trotzdem, wer weiß wie lange das noch hält und wann dann Suses fällig ist. Die nächtliche Suche bleibt natürlich erfolglos. Als die Belegschaft am nächsten Vormittag auch nichts findet sollen wir mit dem Motorrad in der Fabrik vorbeikommen. Sie würden dann ein beinahe passendes Lager etwas abdrehen. Genug Werkzeug zum Einbau wäre vorhanden.
Also hin und schnell mal die Gabel ausgebaut – haben wir ja vor einem halben Jahr erst geübt. Da wie erwartet nur die untere Lagerschale eingelaufen ist, muss ich immerhin nicht beide Lager tauschen. Um mir das mühevolle abmeißeln des unteren Lagers vom Lenkschaft zu sparen, tausche ich kurzerhand die obere mit der unteren Lagerschale und baue dann oben ein neues Lager ein. Versteht jetzt vermutlich nur, wer das schonmal gemacht hat, macht aber nix. Als wir gerade das frisch abgedrehte neue Lager einbauen wollen, fällt plötzlich einem der versammelten Experten – mittlerweile schaut uns die Hälfte der Belegschaft zu und einige basteln fleißig mit – auf, dass die neue Lagerschale nur 0,3mm im Rahmenkopf nach innen überstehen würde. Die könnte ich so ohne Weiteres also nicht mehr ausbauen, da ich den Überstand brauche um das Lager herauszuklopfen. Mist – Also doch Plan B und entweder das rostige Ersatzlager einbauen, oder Plan C, die untere Schale mit der oberen tauschen, da sollte das Einrasten dann auch erstmal weg sein. Als der Chef einem Angestellten mein rostiges Ersatzlager zum polieren gibt, drücke ich ihm schnell auch noch die eingelaufene Lagerschale in die Hand, und siehe da, als er fertig ist, schaut diese fast aus wie neu und die Marken sind kaum noch zu erkennen. Hatte ich zwar am vorigen Tag schon gefragt, ob das nicht möglich wäre, da hieß es aber: „nein, geht nicht“. Naja, egal. Hauptsache ich hab irgendwas zum einbauen. Das abgedrehte Lager kaufen wir dann trotzdem noch. Nicht weil ich vorhabe, es irgendwann als Notlösung noch einzubauen, sondern aus Höflichkeit.
Unglaublich mal wieder, diese Hilfsbereitschaft und mal schaun, wie lang das Lager hält.

 

  2 Antworten zu “Das Lager des Lager Ladens”

  1. Eine Frage bitte: Weshalb führst Du auf dem Bike einen so großen Besen mit?

    • Das werd ich hier unterwegs auch ständig gefragt.
      Als der Besen noch nicht drauf war wurde ich gefragt warum ich nen Ast dabei hab, der is jetzt immerhin verdeckt.
      Hab den Besen in Goa am Strand gefunden und da war er praktisch um vor unsrer Hütte die Terrasse zu kehren, um weniger Sand rein zu tragen. Wohn wahrscheinlich schon zu lang im schwäbischen und muss jetzt überall „Kehrwoche“ machen.
      Der Ast drunter is n Kisten-Deckel-Anschlag.

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