Jetzt hatten wir extra schon eine Woche in unserer Strand WG verlängert und trotzdem haben wir immernoch keine Lust weiterzufahren. Ab hier geht es langsam aber sicher wieder nach Hause, in weniger als 4 Monaten müssen wir zurück in Deutschland sein und zum „Dienst“ antreten 🙁 Das Strand- und Overlander-WG-Leben haben wir so richtig genossen. LKW-Nachbarn mit Kühlschrank für zig Dosen Bier sorgen halt garantiert für gute Laune! Viel getan haben wir die letzten Tage nicht, abgesehen von Essen, ab und zu ins Meer springen und mal früher mal später das vertraute „Knack-Zisch“ Geräusch erklingen zu lassen. Es war schön, mal wieder mit Gleichgesinnten zusammen zu sitzen und die eine oder andere Erfahrung auszutauschen!
Gerade als wir uns am späten Vormittag endlich auf die Moppeds quälen wollen, kommt ein neues Motorradpärchen an. Per Facebook hatten wir schon im Vorfeld mit ihnen Kontakt und unsere WG als günstige Alternative zu den festen Unterkünften in der Gegend empfohlen, zahlen wir doch für ein Zelt hier mit 400Rp (ca. 5€)/Nacht vergleichsweise wenig. Als die beiden jedoch an der Rezeption vorsichtshalber nochmal nachfragen, hat sich der Preis fast verdreifacht! Nicht nur ist der Preis fürs Zelt jetzt auf 500Rp gestiegen, für die Moppeds sollen die beiden jeweils auch noch 300Rp zahlen! Gerade denk ich mir „zum Glück haben wir schon gezahlt“, als auch schon der Rezeptionist ruft, ich soll doch nochmal kommen. Tatsächlich will er uns jetzt auch noch was fürs Parken für die letzten 2 Wochen berechnen. So war das allerdings nicht ausgemacht! Als ich ihm das so sage, winkt er dann auch gleich ab (probieren kann man’s ja mal) und lässt uns ziehen. Schade, wenn er das in Zukunft weiter so treibt, kann er das mit dem neuen Overlander-Parkplatz ganz schnell wieder vergessen.
So, jetzt müssen wir aber wirklich mal los, es ist schon Mittag und eigentlich wollen wir heute noch ein paar Kilometer runter reißen, bis nach Mumbai ist es weit. So verabschieden wir uns dann doch noch schweren Herzens von unseren menschlichen und tierischen Mitbewohnern und tuckern los gen Norden. Richtig große Lust auf Mumbai haben wir ja nicht, aber dort müssen wir unsere Iran-Visa abholen. Online haben wir schon die dafür nötige Grant Notice über eine Agentur beantragt und als Weihnachtsgeschenk bekommen, jetzt müssen wir innerhalb von 1 Monat in das ausgewählte Konsulat, um den Bepper in die Pässe zu bekommen.
Erstmal geht es im sehr entspannten Goa über kleine nette Sträßchen stressfrei vorwärts, gegen Abend stoßen wir auf einen 4-spurigen Highway. Die Sonne geht ja immernoch früh unter, also wollen wir gegen 5 die Unterkunftssuche beginnen. Leider beweisen wir hier mal wieder unser großartiges Talent dafür, nach 2 Fehlversuchen mieten wir uns in eine eigentlich viel zu teure Lodge an einem Seeufer ein. Aber gut, es gibt ein unglaublich reichhaltiges und leckeres Abendessen (per Mofa vom nächsten Restaurant geholt) und der Chef ist auch wirklich nett.
Ein bisschen blöd geplant haben wir ja schon, ausgerechnet am längsten Fahrtag gen Norden hat Axel Geburtstag. Da könnte man sich schon Schöneres vorstellen, als sich erst 8 Stunden den Hintern auf der Autobahn breit zu sitzen und dann noch in einem Autobahn-Motel zu übernachten, in dem erstmal weder das Türschloss noch das warme Wasser funktioniert. Wenigstens gibt es im Büdchen gleich nebenan – wie fast überall bisher in Indien – spitzen Essen und am Kiosk ein Luxus Bier. „Luxus“ weil im Bundesstaat Maharashtra die Alkoholsteuern im Vergleich zu Goa extrem hoch sind und daher das Bier fast 3x so viel kostet.
Nach weiteren 250km fahren wir wie geplant am frühen Sonntag Nachmittag in Mumbai ein. Wir kommen überraschend staufrei durch die Mega-Stadt mit über 20 Mio. Einwohnern. Die letzten 35km! bis ins Zentrum sind durchgehend Stadt. Könnte man sich auf die Parkplatzangaben bei Booking.com verlassen, könnten wir uns jetzt einen gemütlichen Nachmittag machen. Aber nee, mit „privater Parkplatz vorhanden“ ist in dieser Stadt bei allen bezahlbaren Unterkünften ein Stellplatz an der meist sehr belebten Straße vor der Tür gemeint. Nach wie vor ist das aber eigentlich keine Option, da wir auch Nachts nun mal einen Großteil unseres Gepäcks an den Moppeds lassen wollen. In abgelegenen Regionen haben wir es jetzt ein paar Mal riskiert, aber mitten in einer der größten Städte der Welt? So eiern wir dann von Unterkunft zu Unterkunft: mal hat sie zwar einen Parkplatz ist aber übelst schäbig und liegt direkt am Bahnhof (und indische Züge hupen LAUT!), mal werden für in den 70ern zuletzt renovierte Zimmer Preise ausgerufen wie für ein Luxushotel. Zu guter Letzt landen wir in einem ganz netten Hotel in der Touri-Gegend für eine einigermaßen bezahlbare Miete. Das Parkplatz-Problem bleibt aber eins: Die versprochene Garage hat kein Tor und wird nicht bewacht, direkt vor dem Hoteleingang können wir aber auf der sehr ruhigen Straße parken, die Rezeption sei rund um die Uhr besetzt. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns dann doch für die Straße, manövrieren die Moppeds möglichst weit in den Sichtwinkel der Überwachungskamera und packen halt doch alles ab.
Ein bisschen Bammel vor dem iranischen Konsulat haben wir schon. Sollten wir dort über unsere Pläne für den Iran befragt werden, dürfen wir uns nicht verplappern und erwähnen, dass wir mit eigenen Fahrzeugen einreisen wollen. Das ist den Behörden nicht ganz so recht, so dass die Erteilung eines Visums auch schonmal verweigert werden kann. Pünktlich kurz vor 9 stehen wir am Montag Morgen vor dem Konsulat, um Punkt 9 wird die Tür geöffnet und wir werden vom Sicherheitspersonal freundlich begrüßt. Keine Minute nachdem wir unser Nümmerchen gezogen haben, sind wir auch schon dran. Der junge Konsulatsmitarbeiter benötigt von uns einen Ausdruck der Grant Notice / Referenznummer, unsere Pässe, eine Passkopie und ein Passfoto. Hätte ich mich mal vorher schlau gemacht, wären wir nach gut 10 Minuten fertig gewesen. So trage ich aber auf meinem Passbild meine Brille, was den Anforderungen widerspricht. Aber auch hier weiß der junge Mann Abhilfe und drückt mir eine Visitenkarte eines Lädchens in die Hand, wo ich Passbilder machen lassen kann. Erstmal zahlen wir in der nahegelegenen Bank die Visa-Gebühren ein, damit das schonmal erledigt ist, dann machen wir uns auf die Suche nach dem Fotoladen. Wir finden ihn dann auch relativ bald, allerdings ist hier grad Stromausfall und wir werden zum nächsten Foto-Laden in knapp 1km Entfernung weitergeschickt. Dort klappt dann alles und nach 20 Minuten und einem Kaffee am Büdchen nebenan kann ich meine 16 neuen brillenfreien Passfotos mitnehmen. Auch beim zweiten Besuch an diesem Tag ist der Warteraum im Konsulat leer, ich gebe mein Foto und den Einzahlungsbeleg ab und wir bekommen einen Abholzettel für die Visa und zwar schon für den nächsten Tag! Das läuft ja noch besser als erhofft! Wir sind davon ausgegangen, dass wir 3 Tage warten müssen, wenns dumm läuft sogar eine Woche.
Dann haben wir jetzt zwar weniger Zeit, Mumbai zu erkunden, aber das können wir verschmerzen. Wir bedienen uns unserer altbewährten Technik für Stadtbesichtigungen und latschen einfach mal grob in Richtung unserer Unterkunft los. Mumbai präsentiert sich grüner als erwartet, im Park oben auf dem Hügel gönnen wir uns zur Aussicht noch einen Snack vom Imbiss-Wagen. Ganz ungestört bleiben wir dabei nicht, immer wieder fragen vorbei schlendernde Inder, ob sie mit uns Selfies machen können. Komisch, bisher dachte ich schon, dass die Selfie-Knipser hauptsächlich wegen unseren dicken Motorrädern auf uns aufmerksam werden, aber im Moment sind wir ja inkognito unterwegs. Dann wohl doch einfach nur, weil wir anders aussehen, ich komme mir dabei schon ein wenig wie ein Zootier vor… Zum Strand müssen wir natürlich auch noch, hatten schließlich schon sooo lange keinen mehr. Aber um ehrlich zu sein: so einen hässlichen Strand hab ich schon lang nimmer gesehen und viel zu heiß ist es außerdem. Wir verzichten also lieber doch auf den „romantischen“ Spaziergang am Wasserrand und schauen zurück in „unser“ Viertel.
Einen Abstecher zum Gateway of India, einem der Wahrzeichen der Stadt, inklusive weiterer Selfie-Sessions schaffen wir gerade noch, bis wir vom vielen Herumlatschen müde in unser Hotel einlaufen.
Am nächsten Nachmittag – den Vormittag haben wir mal wieder mit der Suche nach Essbarem in netten kleinen Gässchen verbracht – stehen wir wieder im iranischen Konsulat. Kaum 2 Minuten da, bekommen wir unsere Pässe zurück und zwei Blätter Papier mit unseren Visa-Nummern. In unseren Pässen suchen wir vergeblich neue Aufkleber – hä?? Der nette Schalterbeamte klärt uns auf: Seit neuestem werden die Visa nicht mehr in den Pass eingeklebt. Eigentlich halbwegs klar, der Iran ist ja gerade dabei auf ein E-Visa-System umzustellen, nur blöd, dass wir trotzdem noch in ein Konsulat mussten, um die Pässe abzugeben. Hoffentlich wissen auch die Grenzbeamten, dass wir keinen Extra-Eintrag im Pass brauchen… Wir werden sehn. Das Abendessen genießen wir zum dritten Mal in Folge im selben Laden, eine halbe Zigarettenlänge von unserem Hotel entfernt, es ist halt einfach bequem und wir bräuchten eh Monate um einmal die gesamte rein vegetarische Speisekarte zu probieren. Das ist halt das Geile am Essen hier in Indien: Es wird aus frischen Zutaten und einem riesen Sammelsurium aus Gewürzen alles frisch gekocht – da braucht es für eine große Speisekarte keine große Gefriertruhe oder hunderte von Gästen jeden Tag.
Dank des schnellen Erfolgs am Konsulat können wir einen Tag früher als geplant wieder aus der Stadt verschwinden – so ganz große Stadtmenschen sind wir halt doch nicht.
Eine kleine eher unschöne Episode zum Schluss: Überall in Mumbai (aber auch schon früher in Indien) sind wir immer wieder auf bettelnde Kinder oder Frauen mit zum Teil winzigen Babys im Arm gestoßen. Wir hatten uns extra mal schlau gemacht: Laut den Empfehlungen soll man diesen Bettlern eher kein Geld geben, da sie zu einem großen Teil einer Art mafiöser Bettelorganisation angehören und ihre Einkünfte eh an die Bosse abgeben müssen. Dafür werden sie dann quer durchs Land gefahren, um immer zur richtigen Touristen-Saison am richtigen Ort zu sein. Angeblich werden extra Babys zu dem Zweck „ausgeliehen“, teilweise sogar Menschen verstümmelt, damit sie bessere Einkünfte erzielen. Wenn man dies mit Geldspenden unterstützt, lohnt es sich natürlich, dieses „Geschäft“ weiter auszubauen. Wie auch immer, an unserem Abreisetag stehen wir gerade an einem der typischen kleinen Frühstückswägelchen als wir wieder einmal von einem vielleicht 8-jährigen Mädchen angehauen werden. Die Geste ist eigentlich klar: Hand auf – Hand zum Mund – „gib mir was, ich habe Hunger“. Also gut, dann bekommt sie ein paar Linsenbällchen vom Frühstücksstand, wollten uns eh auch grad noch Nachschub holen. Keine Minute später hängt sie uns wieder am T-Shirt und will Geld, die Linsenbällchen hat sie einfach weggeworfen. So viel zum Thema „ich hab Hunger“… Besser ist es, Organisationen zu unterstützen, die sich um das Wohl von „echten“ Straßenkindern kümmern, wir als Fremde können das einfach nicht immer erkennen, wer wirklich Hunger hat oder wer nur aus „Bequemlichkeit“ bettelt.
Mehr Infos zur Visa Beantragung für den Iran gibt es in unseren Landesinfos