Nach einer windigen Nacht zu dritt im Zelt und zu zweit unter meinem Schlafsack verabschieden wir uns von unserem adoptierten Kolumbianer und hoffen dass er mit seiner kaputten Kette noch bis zur Argentinischen Grenze kommt.
Es ist ein sonniger Morgen, aber trotzdem saukalt. Wir sind ja auch immer noch auf über4800m. So ähnlich wie hier muss es auf dem Mars aussehen. Nichts wächst hier oben und nichtmal mehr Lamas lassen sich blicken. Kurz bevor es bergab geht sehen wir Rechter Hand die Laguna Verde, bereits in Bolivien, im Tal. Hier beginnt die „Lagunen Route“, die auch als härteste Fahrrad-Strecke der Welt bekannt ist. Wir müssen aber zuerst nach San Pedro um ordnungsgemäß in Chile einzureisen bevor wir wieder ausreisen können. Ohne Ausreisestempel keine Einreise ins nächste Land.
In der nächsten halben Stunde krieg ich vor Staunen den Mund nicht zu, was auch für den Druckausgleich nicht schadet. Nahezu ohne eine Kurve geht es auf 30 km knapp 2800meter nach unten. Der Höhenunterschied reicht vom Gipfel der Zugspitze bis nach Sylt.
San Pedro selbst entpuppt sich als ein Wüstenkaff aus Lehmhäusern. Völlig auf Touristen eingestellt liegt ein Hostel und Restaurant neben dem andern. Es gibt sogar eine gepflasterte Straße, das ist allerdings die Fussgängerzone und parken dürfen wir hier eigentlich auch nicht wie mir der freundliche Polizist erklärt. Da Suse aber grad die Touri Info sucht, um einen Campingplatz zu finden, kann ich schlecht zwei Motorräder wegfahren und ausserdem versuche ich grade, das Free WiFi auf der Plaza zu benutzen. Das Netz ist aber völlig überlastet, was vmtl. an dem Erdbeben liegt, das gestern den Süden des Landes erschütterte. Nach zwei Tagen Erholung und Interneten auf dem Campingplatz wollen wir Abends noch zu den Geisers del Tatio. Zum Sonnenaufgang treffen sich hier zig Tourie Jeeps, da die Geysiere dann durch den Temperaturunterschied besonders schön dampfen. Abends soll es ähnlich schön sein und das Thermalbecken zum Baden hätten wir dann ganz allein für uns. Zuvor müssen wir nurnoch schnell Geld holen und tanken. Beides nicht so einfach. Der eine Geldautomat hat seit 3 Tagen geschlossen und der andere akzeptiert unsere Visa Karte nicht. Das Tanken wird uns auch nicht leichter gemacht. Obwohl ich die Koordinaten der Tankstelle habe, brauchen wir fast eine halbe Stunde um die 3 km durch die Einbahnstrassen und die Fussgängerzone zu finden und dann ist auch noch eine Gruppe mit acht brasilianischen Motorradfahrern vor uns….
Jetzt ist es eigentlich schon zu spät um die 100 km Schotter zu den Geysieren noch vor Sonnenuntergang zu schaffen, aber nochmal zurück auf den Campingplatz wollen wir auch nicht. Die Piste ist zuerst besser als befürchtet, schlängelt sich aber bald auf über 4000m ins Gebirge hinauf und wird holpriger und schlechter. Zu allem Übel beginnt es auch noch leicht zu schneien und wird saukalt. Etwas paradox kommt uns das ganze schon vor. Wir befinden uns in der Atacama Wüste und es schneit! Es wird dunkel und hat sicher längst unter 0 Grad aber die letzten 10 km bis zu den Geysieren bringen wir irgendwie hinter uns. Zur Kasse gebeten werden wir aber auch noch nachts. Eintritt war ja klar, aber dafür dass wir unser Zelt hinterm Haus neben dem Generator aufstellen „dürfen“, müssen wir auch noch zahlen.
Am nächsten Morgen werden wir noch vor Sonnenaufgang von den ersten eintrudelnden Touri-Jeeps und dem flüsterleisen wieder erwachten Generator geweckt. Wir ziehen uns dick an und laufen die zwei Kilometer zu den dampfenden Quellen. Viel Dampf um nicht allzu viel. Nix mit hohen Wasserfontainen – aber als die Sonne rauskommt gelingen uns noch einige hübsche Schnappschüsse und Filmchen.
Die Lagunenroute haben wir erstmal vertagt. Gewarnt durch die kaputte Kette des Kolumbianers fahren wir erst nach Calama um für meine, bereits leicht gelängte Kette einen Ersatz zu finden. Vor dem Moto-Repuestos Laden dann die Überraschung. Ute und Norbert, die wir bereits vor 4 Monaten am Lago Quillen getroffen hatten, haben Kühlerprobleme mit ihren F650 und so warten wir gemeinsam auf das Ende der Siesta.
Nach einem gemütlichen Abend am lokalen Campingplatz besichtigen wir am nächsten Tag noch die hiesige Kupfermine. Hier werden knapp 40% des weltweiten Kupfers im Tagebau gefördert, was zur größten von Menschen geschaffenen Grube geführt hat.
Die Regenzeit in Bolivien scheint noch nicht ganz vorbei zu sein und die Lagunenroute soll derzeit aus extremstem Wellblech und ca 100km Sand bestehen, also ändern wir unsere Pläne und fahren mit Ute und Norbert die nächsten Tage weiter an die Pazifikküste.
Um das Meer zu erreichen müssen wir erst die Atacama queren. Chile ist zum Glück nicht besonders breit und die Strassen sind hier langweilig gut und geradeaus gebaut. Rechts und links nichts als Wüste und Strommasten, die die Kupfermine versorgen. Die angenehmen Temperaturen des Gebirges gehen zuerst in Wüstenhitze über doch als wir den Pazifik erreichen, wird es wieder angenehm kühl. Der Humboldtstrom sorgt für kalte Meerestemperaturen und an den Bergen hängt der Morgennebel oft den ganzen Tag fest.
Trotz der Wolken gibt es hier so gut wie nie Niederschlag. Dementsprechend ist die Vegetation – nämlich nicht vorhanden. Im Meer scheint es trotz der Verschmutzung durch die Zahlreichen Minen reichlich Fisch zu geben, schliessen wir aus den vielen Pelikanen, Kormoranen und vereinzelten Robben, die sich auch von neugierigen Badegästen das Wellenreiten nicht verderben lassen.
An Land dagegen wächst nichts und ausser ein paar Fliegen, die vom vielen Müll leben gibt es hier nichtmal Ameisen. Die Dünen schieben sich bis zu 300m die Berghänge der Anden hinauf, die hier bis ins Meer reichen und manchmal einen schmalen Streifen Strand übriglassen. Die nächsten Nächte zelten wir gemeinsam mit Norbert & Ute und Florian & Cora und ihrem 207er wild am Strand, faulenzen und holen uns mal wieder einen mächtigen Sonnenbrand.